Stadtsoldatenkorps Remagen 1937 e.V.

 

 

Es war um die Mitte der 30er Jahre. Als Fritz Gottschalk im Freundeskreis die Idee vortrug, Aktivitäten zur Belebung des Remagener Straßenkarnevals zu entwickeln. Die Mitglieder des am 1. Mai 1929 im Gasthaus St. Peter Heimbach gegründeten Junggesellenvereins „Baachporz“, waren mit von der Partie. Gottschalks Idee wurde in die Tat umgesetzt. Mit Martin Clemens stellte die Gruppe im Jahre 1936 den ersten offiziellen Remagener  Karnevalsprinzen. Bei ihren Aktivitäten kamen die Karnevalsfreunde um Fritz Gottschalk zu dem Entschluss sich vereinsmäßig zusammenzuschließen.

Zur Gründerversammlung wurde im Herbst 1937 in das damalige Hotel „Apollinaris“ in der Fürstenbergstraße eingeladen. Fritz Gottschalk führte den Vorsitz bei der Zusammenkunft. Als Vereinsnamen wurde einstimmig Stadtsoldatenkorps Remagen beschlossen. Die Vorstandswahlen brachten folgendes Ergebnis: Hauptmann Fritz Gottschalk, Schriftführer und Zahlmeister Karl Berger, Fähnrich Peter Faßbender. Damit war ein neuer Remagener Verein zur Förderung des geselligen Lebens in der Stadt aus der Taufe gehoben. Zu den Gründungsmitgliedern zählten unter anderem: Martin Clemens, Heinrich Blumenthal, Hermann Faßbender, Franz Wirtz, Josef Strang, Josef (Joe) Odenkirchen, Robert Goebbels, Adam Faßbender, Julius Berger und Jean Langen. Das Korps fand Zuspruch und nahm eine sprunghafte Entwicklung.

In den Vorkriegskarnevalszügen der Jahre 1938 und 1939 fand das Stadtsoldatenkorps mit seinen Fußgruppen und imposanten Prunkwagen begeisterten Anklang. 1939 stellte das Stadtsoldatenkorps mit Gustav I. (Berger) den Prinzen. Mit großer Begeisterung gingen die Wagenbauer im Hof von Christian Neukirchen ans Werk. Wochenlang wurde fleißig geschafft, In den Vorkriegsjahren wurden die Uniformen noch ausgeliehen. Mit der originellen Fußgruppe, den prächtigen Prunkwagen und den von Ludwig Hillen geschaffenen Großfiguren hatte das Korps schon damals wesentlichen Anteil daran, dass die Karnevalszüge in Remagen reges Zuschauerinteresse fanden.

Der 2. Weltkrieg setzte den mit viel Schwung begonnenen Aktivitäten des Korps ein jähes Ende. Der gesamte Fundus ging durch die Kriegswirren verloren. Zudem reizten manche Requisiten die Besatzungssoldaten zur Mitnahme als Souvenir. Gerettet wurde, da sorgfältig versteckt, die Standarte, die heute das Kleinod aus den Gründerjahren ist.

1950 wurde ein neuer Anfang gemacht. Die Aktiven der Vorkriegszeit, verstärkt durch neue Interessenten, trafen sich im Hotel „Pinger“ zur Vereinsneugründung. Der gewählte Vorstand setzte sich wie folgt zusammen: Kommandant Fritz Gottschalk, Präsident Ludwig Hillen, Zahlmeister Peter Ockenfels, Regimentskoch Christian Neukirchen, Korpsfeldwebel Jakob Kleebach. Außerdem standen ihnen Johannes Berger, Peter Kötting, Willi Kessel, Peter Fabritius und Karl Holtz zur Seite.

Offiziell stellte sich die wiedererstandene närrisch Streitmacht in der zur „Waffenschmiede“ ernannten Bergers Werkstatt vor. Fritz Gottschalk gab die erfreuliche Mitteilung, dass das Stadtsoldatenkorps 1951 wieder mit seinen Truppen und mehreren Wagen öffentlich auftreten werde. Damit war der Grundstock zum 1. Karnevalszug der 50er Jahre gelegt. Die Attraktion beim „Heerlager“ am Karnevalssonntag und beim Karnevalszug war eine echt Goulaschkanone, aus der von Christian Neukirchen eine deftige Erbsensuppe verteilt wurde. Eine weitere Bereicherung des Stadtsoldatengeschehens beim Winzerfest war die Zubereitung eines „Ochsen am Spieß“ vom Stadtsoldatenkorps. Regimentskoch Christian Neukirchen war ständig bemüht, den am Spieß sich drehenden Ochsen richtig zu bräunen und das trink- und essfreudige Publikum mit fetten Zugaben zu versorgen. Das war für Remagen ein wundervolles Ereignis, das etliche Jahre wiederholt wurde und noch heute bei den damals Beteiligten in bester Erinnerung ist.

Schritt für Schritt ging es dann im Korps bergauf. Zuerst wurden neue eigene Uniformen beschafft und im Laufe des Jahres ging mit der Anschaffung einer „Riesen-Kamelle“Kanone“ ein Wunschtraum der Stadtsoldaten in Erfüllung. Zusammen mit 2 neuen Bagagewagen wurde das Prunkstück beim Karnevalszug 1952 mitgeführt und die Kanoniere hatten alle Hände voll zu tun, die Kamellen-Munition unter die Leute zu bringen. Hiermit hatten sich die Stadtsoldaten etwas besonderes einfallen lassen. Aber damit nicht genug. Das wachsame Auge hatte in Mehlem, als Blickfang einer Filmgesellschaft, eine historische Postkutsche erspäht. Sie wurde kurzerhand für die Stadtsoldaten angeworben. Mit der „Stadtsoldatenpost“ wurde ein i-Tüpfelchen im Zug gesetzt.

Rosenmontag 1952 war erstmalig Biwak auf dem Marktplatz. Mit Tross, Bagagewagen, Kanone und Feldküche präsentierte sich vor dem Rathaus eine große Heerschau. Mancher „Häftling“, auch das Stadtoberhaupt und der Stadtpfarrer, fanden streng eskortiert den Weg zur Arreststube, wo der Zahlmeister ihrer harte. Anschließend gab es einen deftigen Erbseneintopf. Eine willkommene Abwechslung bei dem gereichten „flüssigen Brot“.

Während des ganzen Jahres blieben die Mitglieder aktiv. Ein neues „Zeughaus“ konnte beschafft werden und nach vielen Vorarbeiten wurde das Haus im Herbst bezogen. Zum Winzerfest 1952 zog erstmalig der neue Spielmannszug des Stadtsoldatenkorps, der spätere Spielmannszug „Rheinklänge“, mit klingendem Spiel durch die Stadt. In das Jahr 1953 ging es mit einem Ball im Hotel Fürstenberg. Der „Spieß“ Jakob Kleebach kommandierte die Truppe, Ludwig Hillen fungierte als Chef des Protokolls und Christian Neukirchen brachte ein Glücksschwein mit, das zur späteren Stunde verlost wurde und damit doppeltes Glück brachte.

Die gute Resonanz des Balles gab den Ansporn zum Abhalten einens Manöverballes in allen Räumen des Hotel Fürstenberg am Karnevalsdienstag. Der Ball wurde ein glanzvolles Fest. Der Manöverball entwickelte sich zum festen Bestandteil des jährlichen Karnevalsprogramms der Stadtsoldaten. Wenn beim Ball um Mitternacht die Musik noch einmal aufspielte, das Prinzenpaar und die närrische Streitmacht sich verabschiedete, mischten sich nicht selten ein paar Tränen in die bis dahin freudestrahlenden Augen aller Festbesucher, wenn es heißt: „Am Aschermittwoch ist alles vorbei“.

1954 setzte das Stadtsoldatenkorps eine lang gehegte Idee in die Tat um. Es ergingen an die Kriegsgeschädigten und Kriegshinterbliebenden Einladungen zu einer gemeinsamen Fahrt. Alle Autobesitzer wurden angesrpochen, die meisten machten begeistert mit. In einem großen Korso führte die Fahrt am Rhein entlang ins Lahntal. Das Wetter spielte mit. Bei Kaffee, Kuchen und einem guten Tropfen Wein, war der Tag für die Teilnehmer ein Erlebnis. Angeführt wurde die Kolonne von Fritz Gottschalk in einem Jeep mit wehender Stadtsoldatenstandarte. Für das Korps war der Zeitpunkt gekommen, dass es sich auch vereinsmäßig etablierte. Eine Satzung wurde erarbeitet, die in der Jahreshauptversammlung einstimmig angenommen wurde. Das Stadtsoldatenkorps, bei allen Auftritten auffällig durch seine piksauberen Uniformen, erhält 1955 starken Zuwachs.

Der Korpsfeldwebel konnte am Karnevalsmontag dem Kommandanten melden, dass sich die strammsten und lustigsten, wehrfähigen Rekruten, versehen mit dem obligatorischen Persilkarton, gemeldet hätten, um bei der Truppe Dienst zu tun. Sie wurden vom Regimentsarzt untersucht und alle für „tauglich“ befunden.Getreu dem Vorsatz, nicht nur an Karneval aktiv zu sein, reifte im Jahre 1955 der Gedanke, mit den Waisen und anderen Remagener Kindern einen Schiffsausflug durchzuführen. Die Finanzierung und Verpflegung übernahm das Korps und der Spielmannszug. Sie sorgten auch für musikalische Unterhaltung. Die Begeisterung war so groß, das statt der ursprünglich geplanten Begleitung von 100 Kindern bei der Abfahrt am 2 August 1955, über 200 Kinder aufs Schiff drängten. Vorsorglich war das gesamte Oberdeck der „Rheingold“ reserviert. Alle 200 Kinder wurden an Bord der „Rheingold“ von den Stadtsoldaten bestens betreut.

Ende 1955 hatte das Tambourkorps die aktive Mitgliedschaft im Stadtsoldatenkorps aufgegeben und somit hieß es neues schaffen. Mit neuen Fanfaren und Landsknechtstrommeln präsentierte das Stadtsoldatenkorps unter der Führung von Arno Wagner und Alfred Feldner bei der Prinzenproklamation 1956 seinen neuen Fanfarenzug in prächtigen Uniformen. Hiermit wurde der Grundstock zum Enstehen des Musikkorps gelegt, das heute als Klangkörper einen hervorragenden Namen hat und Bewunderung weit über die Stadtgrenze hinaus, sowie im In- und Ausland findet. 1955 präsentierte das Korps mit Annette Kühr und Willi Kleebach ein neues Tanzpaar, das bei seinen Auftritten akrobatische Leistungen zeigte. Wiederum ist das Stadtsoldatenkorps die beachtete und gefeierte Gruppe im Karnevalszug, angeführt von Fritz Gottschalk, hoch zu Roß.

1957 bestand das Stadtsoldatenkorps 20 Jahre. Das in Remagen und Umkreis bekannt und beliebte Gründungsmitglied Joe Odenkirchen und seine holde Gattin Änne wurden zum ersten Remagener Prinzenpaar proklamiert. Bei strahlendem Sonnenschein begleitete das Korps im Karnevalszug sein Prinzenpaar mit einem Großaufgebot an Gardisten. Mitgeführt wurde die Riesenkanone, Feldküche, Pulverwagen, Kinderkutsche und Feldpost, in mitten einer strahlenden Marketenderin auf ihrem Wagen. Der gesamte Tross zeigte sich bestens gepflegt.

Bei der „Generalmobilmachung“ 1958 gab´s zuerst ein internes Ereignis. Gefeiert wurde die Silberhochzeit des verdienten Korpsfeldwebels Jakob Kleebach. Mit klingendem Spiel ging es zu seinem Haus und Ludwig Hillen wusste in seiner Laudatio die Silberjubilahre gebührend zu ehren. Beim Manöverball ging´s wieder hoch her. Zum 2. Mal traten die langen Kerls der Kölner Prinzengarde auf und brachten mit ihrem Mariechentanz die Stimmung auf Hochtouren.